Constelación

Mit der Saatgutproduktion Brücken zwischen Menschen bauen

Constelación“, ein schönes spanisches Wort, um die sehr junge Initiative zu beschreiben. Sie wurde 2018 von Alex Edleson und vier weiteren Personen in Merlo, einer Kleinstadt in der Provinz San Luis in Argentinien ins Leben gerufen. Hier nehmen die „semillas agroecológicas“ (biodynamische Samen) einen zentralen Platz in der Saatgutproduktion ein und bilden die Grundlage eines sozialen Netzwerks, das nur darauf wartet, sich zu entwickeln.

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Der Text dafür

Saatgutproduktion: Von Deutschland nach Argentinien

Wie hat es angefangen?

Die Anfänge von Constelación liegen überraschenderweise in Deutschland. Dort verbringt Alex Edleson zwei Jahre im Verein Kultursaat e.V. zur Ausbildung in biologisch-dynamischer Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion. Während dieser zwei Jahre keimt die Idee für das Projekt in seinem Kopf. Alex Edleson startet eine Crowdfunding-Kampagne „SembrarEco“, um eine ausreichende finanzielle Basis für den Start von Constelación zu schaffen.

Saatgutdiebstahl und Hagelstürme

Zurück in Argentinien wird Constelación im Jahr 2018 gegründet, trotz der verschiedenen Unsicherheiten, mit denen die Gründer*innen konfrontiert waren. Zwei Hauptprobleme kann Alex Edleson direkt benennen: Saatgutdiebstahl und Hagelstürme, die einen großen Teil des angebauten Saatguts zerstören. Auf der finanziellen Seite verlangsamen bürokratische Prozesse bei der Überweisung der gesammelten Crowdfunding-Gelder das Projekt.

Wie Constelación trotz Hindernissen wuchs

Nichtsdestotrotz erzählt Edleson, dass die Verzögerung eine passende Gelegenheit war. Diese Gelegenheit nutzten sie, um „eine soziale Basis für das Projekt aufzubauen“. Die Gruppe trat mit Bäuerinnen im ganzen Land in Kontakt, um das Netzwerk von Produzentinnen aufzubauen, das Constelación für ihre Entwicklung braucht. Im ersten Jahr schließen sich schon 7 Bäuer*innen an diesem Netzwerk an und beginnen mit der Saatgutproduktion.

Saatgutvielfalt gegen Konzernmonopole

„Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung als Landwirt hier und von meiner Saatgutausbildung, dass es einen Bedarf für diese Art von Arbeit gibt. Ich sah den Bedarf an Saatgut. Das war also meine Verpflichtung für Argentinien, zur Schaffung eines widerstandsfähigen Saatgutsystems beizutragen.“

Warum braucht es eine solche Initiative in Argentinien?

Bisher gibt es kaum Alternativen, um der Dominanz der wenigen Konzerne auf dem Saatgutmarkt zu widerstehen. Constelación soll also einen Ausweg aus der zunehmenden Monopolisierung des Saatgutmarkts aufzeigen. Durch den Aufbau des Netzwerks bieten sie Bäuer*innen, die noch kein eigenes Saatgut produzieren, logistische Unterstützung. Zur Weiterentwicklung der Praxis bietet Constelación den Bäuer*innen theoretische und technische Unterstützung. Zum Beispiel führen sie regelmäßige Beratungen und Untersuchungen der Saatgutkeimung durch. Für den rechtlichen Rahmen arbeitet die Initiative mit Bioleft zusammen. Bioleft ist eine Plattform für Akteure, die Saatgut unter Open-Source-Lizenzen fördern und versuchen „kooperative und benutzerfreundliche Instrumente für die Saatgutproduktion“ zu entwickeln.

Saatgutproduktion: Pflanzen stehen in Blüte auf dem Feld
Saatgutproduktion: Pflanzen stehen in Blüte auf dem Feld

Argentiniens vergessene Ressource für nachhaltigen Anbau

Darüber hinaus ist das Thema Saatgut in Argentinien noch relativ wenig im Bewusstsein. Zwar stellen sich auch hier immer mehr Fragen zur Zukunft eines ökologischeren Landbaus, wichtige Grundpfeiler, wie das verwendete Saatgut, stehen aber noch nicht im Fokus. Nur wenige Menschen nehmen die auch in der ökologischen Landwirtschaft zunehmende Verbreitung von Hybridsaatgut als Gefahr wahr. Auch mit welchen Methoden das verfügbare Saatgut produziert wurde, ist laut Edleson nur teilweise bekannt.

Brücken bauen

Im Mittelpunkt des Projekts von Alex Edleson und seinen Kollegen steht auch der Wunsch, Brücken zwischen der „formellen“ und der „informellen“ Saatgutproduktion in Argentinien zu schlagen. Gegenwärtig stellen die argentinischen Gesetze ein Hindernis für gemeinschaftsorientierte Ansätze dar. Kleinbäuer*innen, die Saatgut produzieren, werden von staatlichen und universitären Institutionen nicht anerkannt. Constelación arbeitet an der Verbesserung dieser Beziehungen, indem es Partnerschaften mit den Institutionen aufbaut. Constelación hofft, eine anhaltende Verbindung zwischen den Saatgutproduzent*innen und seinen Nutzern herzustellen.

Wie sieht die Arbeit von Constelación aus?

Innerhalb der Initiative ist die biologisch-dynamische und ethisch verpflichtende Saatgutproduktion von grundlegender Bedeutung. Der argentinische Verein zur Förderung der biologisch-dynamischen Landwirtschaft „Asociación para la Agricultura Biológico-dinámica de Argentina“ betreut die Constelación seit ihren Anfängen.

Wie Constelación Biodiversität und Bauernautonomie stärkt

Alex Edleson hebt die Vielzahl an Quellen hervor, aus denen Saatgut kommt. Bäuer*innen bauen bereits Saatgut an. Zusätzlich wird konventionelles und kommerzielles Saatgut an den biodynamischen Kontext angepasst. Saatgut aus öffentlichen Saatgutbanken sowie europäische Sorten stehen durch Partnerschaften mit Kultursaat, Bingenheimer Saatgut und Sativa zur Verfügung. Ein Probleme stellt die aufwendige Zulassung der vielen Sorten dar, die Constelación an die Bäuer*innen weitergibt.

Jeden Winter tauchen die Verantwortlichen in eine wichtige Arbeitsphase ein, in der ein Treffen zwischen den Bäuer*innen und der organisatorischen Basis von Constelación stattfindet. Dieses Treffen bietet Gelegenheit, die „Qualitätsprotokolle“ bezüglich der Saatguterzeugung zu überarbeiten. Die Bäuer*innen geben auch Rückmeldungen zu ihren Erfahrungen bei der zurückliegenden Saison der Saatgutproduktion. Auf der Grundlage dieser Rückmeldungen wird der Produktionsplan angepasst. Dabei ist es der organisatorischen Basis von Constelación auch wichtig, die Bäuer*innen selbst bestimmen zu lassen, welches Saatgut sie anbauen wollen.

Faire Preise und Sicherheit für Saatgutproduzent*innen als Ziel

Der enge Austausch zwischen der Organisationsbasis und den Bäuer*innen ermöglichen es, individuelle und bedürfnisorientierte Preise für das angebaute Saatgut auszuhandeln. Gegenwärtig werden die Bäuer*innen nur dann bezahlt, wenn das Saatgut, das sie für Constelación angebaut haben, verkauft wird. In Zukunft soll Constelación in der Lage sein, die Bäuer*innen sofort nach Lieferung des Saatguts zu bezahlen, um ihnen größere wirtschaftliche Sicherheit zu geben.

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Und wie geht es jetzt weiter?

Saatgutproduktion wächst trotz Pandemie

In den ersten zwei Jahren ist die Zahl der Bäuer*innen bereits von 7 auf 20 gestiegen. Alex Edleson ist sich sicher, dass das Netzwerk von Bäuer*innen und aktiven Mitgliedern von Constelación in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Als einer der verantwortlichen Koordinator*innen blickt er optimistisch in die Zukunft. Die gegenwärtige Periode, die von Covid-19 geprägt ist, kann Constelación bisher gut verkraften, da es eine starke Nachfrage nach Saatgut von Hobbygärtner*innen gibt. Manche Projekte, die wegen der Pandemie nicht durchgeführt werden konnten, wie z.B. Gemeinschaftsgärten in Städten und Schulen, sind nach wie vor relevant. Eine Crowdfunding Kampagne wurde sogar schon gestartet.

Raum für Weiterentwicklung

Auch die zahlreichen Partnerschaften, die von Constelación gepflegt werden, entwickeln sich weiter. Alex Edleson berichtet zum Beispiel von einer ähnlichen Initiative in Peru, die Constelación mit ihren gesammelten Erfahrungen beraten kann. Perspektivisch kann sich das Netzwerk auch für andere Projekte und Perspektiven im agro-ökologischen Sektor öffnen. Es bleibt also für alle Beteiligten spannend, wohin die Reise noch gehen wird.

Kampagnen und Aktionen zum Thema Saatgut