Kritik am Import und Chancen vor Ort
Kritik am Import und Chancen vor Ort
Futtermittelimporte stehen unter starker Kritik. Die ökologischen und sozialen Probleme in den südamerikanischen Anbauländern sind groß, während hier die Agrarpolitik nicht die passenden Weichen für den großflächigen Eiweißpflanzenanbau stellt.
Diese interaktive Seite bietet wichtige Informationen zu Futtermitteln, beleuchtet die Problematik der Importabhängigkeit, zeigt regionale Alternativen und Möglichkeiten auf, um für eine nachhaltigere Futtermittelversorgung aktiv zu werden.
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Was sind Futtermittel?
Futtermittel sind Nahrung für landwirtschaftlich genutzte Tiere wie Rinder, Schweine und Hühner. Wichtige Futtermittel sind Getreidearten wie Gerste, Mais und Weizen sowie Ölkuchen und -schrote von Soja, Raps und Zuckerrüben. Weiter werden Lebensmittelabfälle und Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion genutzt. Während Silomais, Gras und Raps in Deutschland angebaut werden, ist das eiweißreiche Soja das wichtigste Importfuttermittel. Die in Deutschland produzierte Sojamenge reicht nicht aus, um den Bedarf der agrarindustriellen Tierhaltung zu decken.
Wozu werden
Futtermittelimporte gebraucht?
Futtermittelimporte, vor allem von Soja, sind entscheidend für die Massentierhaltung. Denn Soja ist proteinreich, besitzt hochwertige Aminosäuren und wird für die schnelle Mästung von Nutztieren wie Rindern, Schweinen und Hühnern eingesetzt. Da die heimische Produktion in Deutschland nicht ausreicht, wird Soja vor allem aus Südamerika importiert. Diese Importe ermöglichen die billige Ernährung großer Tierbestände und fördern die Massentierhaltung, was sowohl negative Auswirkungen auf Tierwohl, Umwelt als auch globale Gerechtigkeit hat.
Welche Futtermittel werden importiert?
97% der Futtermittel stammen aus einheimischer Produktion, einschließlich Grassilage, Silomais und Getreide. Importierte Futtermittel machten im Wirtschaftsjahr 22/23 nur 3% aus, wobei Soja das wichtigste importierte Futtermittel war, mit rund 3,4 Millionen Tonnen. Soja ist wegen seines hohen Eiweißgehalts gefragt und wird hauptsächlich in Süd- und Nordamerika angebaut. In Brasilien und anderen Ländern haben Anbau und Export noch immer gravierende negative Auswirkungen, wie Vertreibung indigener Gemeinschaften und Regenwaldzerstörung, mit schwerwiegenden Konsequenzen
für Klima und soziale Gerechtigkeit.
In welchen Ländern wird Soja angebaut?
Soja wird hauptsächlich in den USA, Brasilien, Argentinien, Paraguay, Kanada, China und Indien angebaut, die zusammen den Großteil der weltweiten Produktion ausmachen. Für 2024/25 prognostiziert das US-Landwirtschaftsdepartment sogar eine weltweite Anbaufläche von etwa 143,39 Millionen Hektar, etwa die vierfache Gesamtfläche von Deutschland. Zudem wird auch in Deutschland Soja in begrenzten Mengen angebaut. 2021 wurden 106.600 Tonnen von 34.200 Hektar geerntet, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Eine neue Eiweißstrategie soll den Anbau von Soja und anderen Eiweißpflanzen in Deutschland fördern.
Welche Kritik gibt es an Futtermittelimporten?
Futtermittelimporte, insbesondere Soja aus Südamerika, verursachen erhebliche ökologische und soziale Probleme. Denn die Produktion breitet sich nach wie vor in entwaldete Flächen und Savannen aus und führt zum Verlust wertvoller Ökosysteme. Infolge der globalisierten Lieferketten werden Indigene Gemeinschaften, die Artenvielfalt und das Klima stark beeinträchtigt. Weiterhin zwingt in Deutschland der Preisdruck viele kleine und mittlere tierhaltende Betriebe zur Schließung. Lokal, wie in der Wesermarsch, drohen landwirtschaftliche Betriebe durch die geplante Weser-Vertiefung zusätzlich belastet zu werden.
Die Schattenseiten des Sojaimports hat Aktion Agrar in einem Kurzvideo zusammengefasst in dem unterschiedliche Expert:innen zu Wort kommen:
Wie kommt das Soja nach Deutschland?
Die Sojabohne hat oft einen langen Weg hinter sich. Denn meist ist das Soja weit gereist, bevor es in Deutschland im Futtertrog landet. Aus Übersee kommt das Schüttgut in Frachtschiffen und wird in europäischen Häfen mit gigantischen Saugern „gelöscht“. Aber auch in europäischen Ländern wird Soja angebaut. Die Anbaugebiete reichen entlang der Donau in Osteuropa bis nach Deutschland. In immer mehr Regionen werden Soja und andere Hülsenfrüchte angebaut.
Vergleiche hier auf unserer interaktiven Karte die Reise der Sojabohne.
Wer profitiert von Futtermittelimporten?
Die Produktion und der Export von Soja ist für Großgrundbesitzer in Brasilien ein gutes Geschäft, an dem Agrarkonzerne durch Dünger, Pestizide und Saatgut mitverdienen. Aber Futtermittelimporte sind auch für weitere Unternehmen in der Lieferkette profitabel. Ebenso führende deutsche Fleischkonzerne und Einzelhändler wie Lidl, Rewe und Edeka, erwirtschafteten 2022 zusammen 276,3 Mio. € Bruttogewinn mit brasilianischem Soja. Der Betreiber des Futtermittelhafens in Brake, J. Müller sowie Direktimporteure profitieren ebenfalls. Hingegen sind finanziell gesehen tierhaltende Betriebe und Bäuer:innen die Verlierer, da sie aufgrund verschiedener Abhängigkeiten Verluste in Kauf nehmen müssen.
Du willst mehr erfahren? Hier geht‘s zu unserer Studie.
Welche Unternehmen importieren Futtermittel nach Deutschland?
Einige deutsche Unternehmen, die Futtermittel importieren, sind BayWa AG, Agravis Raiffeisen AG, MEGA Tierernährung GmbH & Co. KG und Deutsche Tiernahrung Cremer. Diese Firmen importieren und verarbeiten Futtermittel, insbesondere Soja, zu Nutztierfutter. Auch der Lebensmitteleinzelhandel (LEH), insbesondere Lidl, Rewe und Edeka, ist für die hohen Importmengen mitverantwortlich und zeigt trotz Vermarktung heimischer Produkte beispielsweise kein Interesse, dass für die Kennzeichnung der Verwendung von Futtermitteln aus Übersee. Am Import maßgeblich beteiligt ist der größte deutsche Futtermittelhafen in Brake (Unterweser), betrieben vom Hafen- und Logistik-Unternehmen J. Müller.
Mehr Infos gibt es hier in unserer Studie.
Welche Alternativen zu Futtermittelimporten gibt es?
SOJA OHNE UMWEGE
Eine Alternative zu Futtermittelimporten ist die (traditionelle) Weidehaltung. Denn sie nutzt natürliche Grünflächen und Weiden, reduziert den Bedarf an importierten Futtermitteln und fördert regionale Selbstversorgung. Vorteile der Weidewirtschaft umfassen den Erhalt der Biodiversität, Bodenerosion-Schutz, Kohlenstoffbindung und geringere Betriebskosten. Genauso können Maßnahmen wie der Anbau von Hülsenfrüchten (wie etwa Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen), Grünlandbewirtschaftung, Silage und Getreidefuttermittel zur Reduzierung der Abhängigkeit von Futtermittelimporten beitragen.
Welche Eiweißalternativen gibt es, die regional angebaut werden können?
Es gibt mehrere Eiweißalternativen zu Soja, die regional in Deutschland und anderen europäischen Ländern angebaut werden können. Im Folgenden sind ein paar alternative Eiweißquellen, in diesem Fall Hülsenfrüchte, die eine nachhaltige und umweltfreundliche Option für den Anbau in Deutschland bieten können:
Erbsen
Erbsenprotein ist eine beliebte Alternative zu Soja und findet zunehmend in der Lebensmittelproduktion Verwendung. Denn Erbsen können in vielen Regionen Europas angebaut werden.
Ackerbohnen
Diese Bohnenart ist in Europa heimisch und wird bereits traditionell in der Landwirtschaft verwendet. Sie sind reich an Proteinen und können in verschiedenen Lebensmitteln eingesetzt werden.
Kichererbsen
Kichererbsen werden zwar häufiger im Mittelmeerraum und im Nahen Osten angebaut, mittlerweile gibt es aber auch Höfe, die die vielseitig einsetzbare Hülsenfrucht in Deutschland anbauen.
Lupinen
Süßlupinen sind in Deutschland und anderen europäischen Ländern gut anbaubar. Zudem hat Lupinenprotein ein gutes Aminosäureprofil und wird in verschiedenen Lebensmitteln, darunter Brot und pflanzliche Milchalternativen, verwendet.
Um den Proteinwandel voranzubringen, hat Slow Food eine Karte erstellt, wo man überall regional angebaute Hülsenfrüchte für den menschlichen Verzehr beziehen kann.
Warum sagen wir „Mehr pflanzliches Eiweiß für den menschlichen Verzehr“?
Mehr pflanzliches Eiweiß für den menschlichen Verzehr ist ökologisch, gesundheitlich und ökonomisch vorteilhaft. Tierische Produkte wie Rindfleisch und Milch erzeugen hohe Mengen an Treibhausgasen und benötigen mehr Land und Wasser als pflanzliche Alternativen. Folgerichtig kann der Konsum von pflanzlichem Eiweiß Entwaldung reduzieren, natürliche Lebensräume erhalten und in Regionen mit Wasserknappheit helfen. Zudem fördert der Anbau pflanzlicher Proteinquellen die Bodenverbesserung und Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. Weniger Massentierhaltung reduziert den Einsatz von Antibiotika und die damit verbundenen Risiken.
Wie kann man gegen Futtermittelimporte aktiv werden?
Aktion Agrar bietet vielfältige Möglichkeiten, sich im Kleinen und Großen gegen Futtermittelimporte und für die Agrarwende einzusetzen.
Futtermittelimporte stoppen!
Viele Millionen Tonnen Soja fahren nach wie vor und Jahr für Jahr um den Globus. Sie tragen in Südamerika zur Zerstörung der Regenwälder, dem Artensterben und der Vertreibung von Menschen bei, um Futtertröge in Europa zu füllen. Deshalb informieren wir mit der Kampagne und wenden uns gegen diese zerstörerische Praxis.
Petition gegen Futtermittelimporte
Wir haben eine Petition gegen Futtermittelimporte am Laufen, die du hier unterzeichnen kannst. Damit werden wir den Entscheidungsträger:innen zeigen, dass wir viele sind, die sich für eine drastische Reduktion der Futtermittelimporte stark machen!
UNTERSCHREIBE JETZT:
Floß- und Aktionsradtour
Soja grillt Zukunft!
Gemeinsam mit Robin Wood organisieren wir vom 28. Juli bis 11. August 2024 eine aktivistische Floß- und Radtour. Die Route führt entlang des Mittellandkanals von Magdeburg bis Hannover. Dabei thematisieren wir die Auswirkungen des Sojaanbaus und machen auf die massive Zerstörung durch den intensiven Sojaanbau aufmerksam. Interessierte und Engagierte sind herzlich eingeladen mitzufahren und das Programm und Aktionen mit zu gestalten.
Futtermittelimporte ahoi?!
Sommerseminar: Brisante Weltreise
Die globalisierte Futtermittelindustrie vernichtet seit vielen Jahren Lebensräume, geht mit einem massiven Einsatz von Pestiziden und Gentechnik einher, führt zu gewaltsamen Landkonflikten und Vertreibungen und bedroht Perspektiven bäuerlicher Betriebe. In einem 4-tägigen Online-Seminar haben wir Probleme kennengelernt und nach Ansätzen und Perspektiven gesucht. Die Video-Inputs unserer Referent:innen sowie die Ergebnisse der gemeinsamen Abschlussdiskussion findest du auf dieser Seite.
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