Leuchtturm unter Wasser
Am Mittwoch, zum Auftakt der Agrarminister:innenkonferenz in Büsum an der Nordsee, war unser Traktorfahrer der einzige, der seinen Trecker ganz nah an das Tagungsgebäude der Landwirtschaftsminister:innen heranfahren durfte. Wir protestierten für weniger Nutztiere und weniger Klimakatastrophe. Mehrere hundert Trecker eines Protestkorsos von „Land schafft Verbindung“ mussten außerhalb des Stadtgebietes parken.
Bei kräftigem Wind hat die Arbeit mit großen Bannern etwas von einem Segelkurs: Nachdem wir unser Leuchtturmbanner oben und unten an einer stabilen Holzleiste befestigt hatten, ließ Olaf den Frontlader herunter, so dass wir die obere Latte dort befestigen konnten. Sofort blähte der Wind unseren überschwemmten Leuchtturm prächtig auf!
Weniger Nutztiere – weniger Klimakatastrophe
Aber mit Seilen und Knotentechnik gelang es. Pünktlich zum Höchststand der Flut an diesem Tag blähte sich das Banner in voller Schönheit – je nach Perspektive genau zwischen dem echten Leuchtturm und dem Tagungshotel oder vor dem heute noch trocken stehenden Signalturm. Unser Team war fast vollzählig am Start. Trotz stetig kühlem Wind konnten wir in rund drei Stunden viele Gespräche führen und hunderte unserer kleinen Broschüren verteilen.
Wir stießen auf Zustimmung und Ablehnung sowie fachkundige Nachfragen – je nach Hintergrund unserer Gesprächspartner:innen. Am schönsten war es immer, wenn wir eine Einigkeit erzielen konnten: Die Halbierung der Tierzahlen ist eine große Herausforderung, aber es ist nötig, sie jetzt offensiv anzugehen, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Es braucht dringend gute Lösungen für die Bauernhöfe, damit sie sich ihr Einkommen langfristig sichern können. Und es braucht Maßnahmen, Billigimporte von Fleisch und anderen Tierprodukten zu verhindern, die die Reduktion von Nutztieren hierzulande ad absurdum führen würden.
Wut der Krabbenfischer
Von der anderen Seite des historischen Hafenbeckens aus waren die ganze Zeit laute Nebelhornsignale zu hören. Viele Krabbenfischer aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen hatten ihre Schiffe zum Hornblasen an den Treffpunkt der Agrarminister:innen gefahren, um gegen eine neue EU-Verordnung zu protestieren, die den Meeresboden schützen soll, aber ihr Handwerk deutlich erschwert und aus Schutzgebieten verdrängt. „Stoppt die Grüne Welle“ war einer der Slogans, den viele der Krabbenkutter gehisst hatten, zeugte von großer Wut auf eine Politik, die nach der Überzeugung vieler Fischer:innen zu viel auf Klima- und Artenschutz und zu wenig auf die soziale Frage schaut.
Konstruktiver gingen die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und mehrere Kooperationspartner:innen vor: Sie hatten schon einige Tage vorher eine E-Mail-Aktion gestartet zu Weidehaltung gestartet. Agrarminister:innen werden dazu aufgefordert, die Zahlungen aus der europäischen Agrarförderung auch dafür einzusetzen, Höfe zu stärken, die ihre Tiere auf der Weide halten. Schon am Dienstag gaben sie ihre Stellungnahme zur Förderung der Grünlandbetriebe beim Vorsitzenden der Agrarministerkonferenz in Kiel ab.
Es waren also Tage mit viel Protest-Energie zu Themen der Gerechtigkeit, nachhaltiger Landwirtschaft und dem Abwenden der Klimakatastrophe. Wir hatten am Mittwoch in Büsum unseren offenen Brief an die Agrarminister:innen und deren Staatssekretär:innen dabei. Für einen Fototermin sagten uns die angefragten Vertreterinnen des Bundeslandwirtschaftsministers und des Vorsitzenden der AMK ab. Aber wir konnten trotz massiver Polizeipräsenz bis zum Eingang des Hotels kommen und erhielten die Zusage einer Mitarbeiterin, unser Schreiben weiter zu geben.
Vielen Dank an alle, die uns mit ihrer Unterschrift den Rücken gestärkt haben!