BVVG reformieren: Mit einem Eilbrief an die Bundesregierung
Für einen fairen und gemeinwohlorientierten Zugang zu Land!
Mit fast 1000-facher Unterstützung sind wir am 13.06.2022 in Berlin vor das Finanz- und das Landwirtschaftsministerium gezogen und haben unseren Eilappell zur Landvergabe der BVVG übergeben!
Nur wenige Tage zuvor hatten wir per Eilappell darum gebeten, uns viele Unterschriften unter einen offenen Brief an Finanzminister Lindner und an Agrarminister Özdemir mitzugeben. Denn aus dem Versprechen im Koalitionsvertrag müssen endlich Taten werden: Die Agrarflächen aus dem ehemaligen DDR-Besitz müssen an diejenigen verpachten werden, die dort gute, zukunftsweisende Landwirtschaft realisieren wollen – und nicht an meistbietende Großinvestor:innen.
Das FDP-Ministerium verweigert sich
Schon seit Beginn der Aktionsplanung wurde unsere Bitte um einen Termin zur Appell-Übergabe im FDP-Ministerium abgeblockt. Hinhaltetaktik schien dessen Strategie zu sein, denn 14 Tage lang wurden wir täglich vertröstet. Nach der Fotoaktion vor dem Bundesfinanzministerium spazierte die Aktionsgruppe auf den Eingang zu und musste erfahren, dass es eine Anordnung von ganz oben gäbe, den offenen Brief nicht entgegenzunehmen. Es wurde verlangt, dass wir mitsamt unserem Appell, den Unterschriften und dem Kriterienkatalog der AbL zur Gemeinwohl-Verpachtung das Finanzministerium verlassen. Selbst eine Abgabe zu Händen der Poststelle – das Mindeste – ermöglichten sie uns nicht. So kann Kommunikation in einer Demokratie doch nicht funktionieren!
Protest am Agrarministerium: Politiker hören zu
Ganz anders verlief die Aktion am Agrarministerium. Kaum stand unser Bild, kamen der Minister und seine Staatssekretärin zu Fuß von einem anderen Termin zurück. Zugesagt hatte uns nur Frau Rottman, die Unterschriften entgegenzunehmen, aber auch Cem Özdemir nahm sich jetzt die Zeit, die Worte von Georg Janßen und Julia Bar-Tal von der AbL anzuhören und Michael Krack von Aktion Agrar übergab die gesammelten Unterschriften.
Staatssekretärin Manuela Rottman betonte anschließend, dass sie mit dem Finanzministerium in Verhandlungen stünden und sich für eine konsequente Umsetzung der Koalitionsvertragsvereinbarung einsetzen würden. Wie wir gestern selbst erfahren durften, braucht es aber trotzdem weiterhin öffentlichen Druck vor beiden Häusern, damit das Vorhaben überhaupt umgesetzt wird und nicht am Ende doch wieder das höchste Gebot Vorrang vor dem Gemeinwohl bekommt.
Nach der Aktion waren sich alle einig: das war ein gelungener Tag und eine wichtige Einmischung. Aktion Agrar hat tatkräftig mitorganisiert, durch den Aufruf neue Mitstreiter:innen erreichen können und mit fast 1000 Unterschriften den Forderungen Nachdruck verliehen. Wir bleiben dran.
Fotos: Selene Magnolia
Appell an Minister: Klare Kriterien für gerechte Landvergabe der BVVG!
Sehr geehrter Herr Minister Lindner,
sehr geehrter Herr Minister Özdemir, wir freuen uns, dass die Bundesregierung die Landvergabe durch die BVVG reformieren will. Jetzt kommt es darauf an, dass daraus keine Scheinlösung wird.
Es braucht klare Vergabekriterien für die gemeinwohlorientierte Verpachtung. Verankern Sie in einem Punktesystem Klimaschutz und Artenschutz. Berücksichtigen Sie auch die Bedürfnisse der bereits auf den Flächen wirtschaften bäuerlichen Betriebe sowie die von Existenzgründer:innen!
Zu lange lautete der Auftrag durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) an die BVVG, die Flächen möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Auch Verpachtung an den Höchstbietenden kann keine Lösung sein. Die Bodenpreise sind bundesweit und insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern dramatisch gestiegen. Sie haben auch hierzulande die Landkonzentration befeuert. Auch die zunehmenden Übernahmen ganzer landwirtschaftlicher Betriebe sowie deren Flächen mittels sogenannter „Share Deals“ (Anteilskäufe von Betrieben) durch Investor:innen tragen zur steigenden Konzentration von Agrarland in den Händen von Wenigen bei. Land wird zum Spekulationsobjekt für finanzstarke Akteure. Ortsansässige und bäuerlich wirtschaftende Betriebe haben es hingegen immer schwerer, an Acker- und Grünlandflächen zu kommen. Die steigenden Pacht- und Kaufpreise sind aus der landwirtschaftlichen Produktion zum Teil gar nicht mehr zu bezahlen.
Die Reform der BVVG ist nur ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ein wichtiger. Gehen Sie ihn jetzt und lassen Sie sich nicht von Lobbyist:innen aufhalten, die für die Interessen der Großinvestor:innen stehen.
Mit freundlichen Grüßen